OB Daniel Flemm: «Ich bin optimistisch, dass es in Solingen dazu nie kommen wird»

Streit um Rettungskosten: Solingens Feuerwehrchef Wagner kritisiert Krankenkassen – Viele Einsätze bleiben unbezahlt

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Die Debatte um die Kostenübernahme von Rettungseinsätzen hat in den vergangenen Tagen bundesweit für erhebliche Aufmerksamkeit gesorgt. Doch wie geht es in Solingen weiter? Wir haben unter anderem mit Oberbürgermeister Daniel Flemm, dem Leiter der Feuerwehr Solingen Sebastian Wagner und Michael Pölcher der bei der Feuerwehr für den Rettungsdienst zuständig ist darüber gesprochen.

In Essen war vorgesehen, dass Patienten zukünftig für sogenannte Fehlfahrten bis zu 267 Euro zahlen sollten – selbst dann, wenn ein medizinischer Notfall vorlag. Nach deutlicher Kritik aus Politik und Sorge bei Rettungskräften hat die Stadt das Vorhaben jedoch vorerst gestoppt. Das Thema bleibt dennoch auf der politischen Agenda, da eine bundesweit einheitliche Regelung weiter aussteht.

OB Daniel Flemm mit klarer Aussage

Solingens Oberbürgermeister Daniel Flemm fährt eine klare schiene und betont: «Es darf niemals die Situation entstehen, in der jemand aus Kostengründen in einem Notfall auf einen Notruf verzichtet.» Er sei optimistisch, dass solch eine Situation in Solingen nie eintreffen werde. Allein die Vorstellung, dass man in einem Notfall überlegen müsse, ob man sich nun den Rettungsdienst leisten könne oder nicht, sei für Flemm unvorstellbar.

Es darf niemals die Situation entstehen, in der jemand aus Kostengründen in einem Notfall auf einen Notruf verzichtet.
Daniel Flemm
Oberbürgermeister Stadt Solingen

Hintergrund der Entwicklung ist offenbar eine geänderte Rechtsauslegung der Krankenkassen. Nach Angaben von Sebastian Wagner, Leiter der Feuerwehr Solingen, gehen die Kostenträger inzwischen davon aus, dass sogenannte «Leerfahrten» – also Einsätze ohne anschließenden Transport in ein Krankenhaus – nicht mehr erstattungsfähig sind. «Es hat sich die letzten 30 Jahre nichts an der Rechtsgrundlage geändert, nur interpretieren die Krankenkassen diese jetzt anders», so Wagner. Die Folgen beträfen die Kommunen unmittelbar, denn sie müssten diese Einsätze künftig selbst finanzieren. Etwa 15 bis 20 Prozent aller Rettungseinsätze in Solingen werden statistisch als Leerfahrten geführt.

Was steckt hinter den Leerfahrten?

Wagner erläutert, dass hinter solchen Einsätzen unterschiedliche Einsatzrealitäten stehen. Häufig reiche eine ambulante Versorgung vor Ort aus, sodass ein Transport zur weiteren Behandlung in ein Krankenhaus nicht notwendig sei. Gleichwohl blieben Einsatzkräfte voll tätig, denn eine Behandlung findet indes ja statt – eine Leistung, die nach aktueller Interpretation der Krankenkassen dennoch nicht erstattet werden soll. Auch Reanimationen fallen teilweise darunter: Verstirbt ein Patient nach teils stundenlangen Maßnahmen noch am Einsatzort, wird auch kein Transport in ein Krankenhaus durchgeführt, auch hier wollen die Kassen den Einsatz nicht Erstatten denn es sei ja eine „Leerfahrt“.

Zur Unterstützung des Rettungsdienstes hat die Feuerwehr Solingen die Alarm- und Ausrückeordnung angepasst. Bei Reanimationen wird zusätzlich ein Löschfahrzeug entsandt, dessen Besatzung die Rettungskräfte sowohl körperlich als auch mental entlastet. Laut Wagner hat diese Struktur die Erfolgsaussichten bei solchen Einsätzen verbessert. Michael Pölcher, Leiter des Rettungsdienstes, betont, dass das Mitführen des Löschfahrzeugs für die Krankenkassen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da diese Position kommunal getragen wird.

So viel kostet ein Rettungseinsatz

Ein Rettungseinsatz kostet nach Angaben der Feuerwehr durchschnittlich rund 850 Euro – unabhängig davon, ob ein Transport erfolgt. Kommt ein Notarzt hinzu, steigen die Kosten auf nahezu 2.000 Euro pro Einsatz, da dessen Einsatz mit etwa 1.200 Euro zu Buche schlägt.

Mehr Sensibilität bei Notrufen

Im Umgang mit dem Notruf appellieren Wagner und Pölcher für mehr Sensibilität seitens der Bevölkerung. Die Leitstellen, die alle Anrufe unter der 112 entgegennehmen, arbeiten mit strukturierten Abfragesystemen, um Dringlichkeit und geeignete Einsatzmittel zu bestimmen. Zwar wählt jeder Mensch statistisch etwa 1,4-mal im Leben den Notruf, doch viele Einsätze seien nach Einschätzung der Feuerwehr vermeidbar.

Wagner appelliert daher, bei Bagatellen abzuwägen, ob ein Rettungswagen wirklich notwendig ist oder ob ein Hausarzt beziehungsweise der eigenständige Weg ins Krankenhaus ausreicht. Wagner fügt hinzu: «Als ich noch ein Kind war und Fieber hatte, da hat meine Mutter mir die Waden gewickelt – heut zu Tage wird dafür der Rettungsdienst alarmiert und teilweise ein Transport ins Krankenhaus gefordert».

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