Samstag - 5. Oktober 2024
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Ermittlungsstand

Feuer mit vier Toten: Das ist bisher bekannt

Nach dem tödlichen Feuer am 25. März 2024 auf der Grünewalder Straße gibt es noch immer keine neuen Erkenntnisse zu dem oder den Tätern. In einem Überblick fassen wir die bisherigen Ereignisse und Erkenntnisse zusammen:

Montag, 25. März – 2:47 Uhr – Notruf und Alarmierung
In der Nacht zu Montag alarmierten die ersten Anwohner der Grünewalder Straße gegen 2:47 Uhr die Feuerwehr. Nach den Angaben eines Sprechers der Feuerwehr waren es knapp 40 Notrufe gleichzeitig, welche die Leitstelle entgegennehmen musste. Aufgrund des hohen Aufkommens wirkte die Wartezeit in der Notrufleitung länger als sonst.

Nach dem ersten Anruf wurden umgehend Einsatzkräfte mit dem Stichwort „FGebäude“ also Feuer im Gebäude alarmiert. Durch die weiteren Notrufe, wo die Melder von einer selben oder noch größeren Lage sprachen und auch davon berichteten, dass noch Personen in dem Gebäude waren, wurde das Stichwort noch während dem Ausrücken der ersten Einsatzkräfte auf „F2Y“ also Feuer 2 Menschenleben in Gefahr erhöht. Mit einer Stichworterhöhung folgt in der Regel auch Automatisch die Alarmierung weiterer Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst. Noch während der Löscharbeiten erhöhte der zuständige Einsatzleiter das Stichwort noch einmal auf „F3Y“.

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Montag, 25. März – 2:53 Uhr – Einsatzkräfte treffen ein, Anwohner an Fenstern
Da die nächste Wache der Berufsfeuerwehr (Katternberg) nur wenige hunderte Meter vom Brandobjekt entfernt ist, dauerte es nur 6 Minuten nach dem ersten Notruf über die Alarmierung, dem Ausrücken und bis zum Eintreffen der ersten Einsatzkräfte am Brandhaus. Um 2:53 Uhr trafen die ersten Kräfte ein, fanden einen ausgedehnten Wohnhausbrand vor. Anwohner standen an den Fenstern und schrien um Hilfe. Das Treppenhaus und somit einer der Fluchtwege stand im Vollbrand, das Treppenhaus glühte rot erklärte der Einsatzleiter Gottfried Kreuzberg, welcher mit den ersten Einsatzkräften eingetroffen war.

Eine Flucht durch das Treppenhaus war somit für die Anwohner unmöglich. Umgehend wurde ein Sprungpolster aufgebaut und die Drehleiter für die Menschenrettung in Stellung gebracht. Doch bevor die Drehleiter für die Menschenrettung eingesetzt werden konnte, breitete sich das Feuer in den Wohnungen aus. Flammen waren in den Rücken der am Fenster stehenden Anwohner zu sehen. Und plötzlich sprangen die ersten aus dem Fenster! Da ein Fahrzeug vor dem Brandhaus stand und das Sprungpolster so nicht direkt unter die Fenster gestellt werden konnte, sprang ein Vater mit seinem Kind auf das Autodach, eine andere Frau sprang ebenfalls, krachte aber auf den Bürgersteig. Dabei zogen sich die Anwohner teilweise lebensbedrohliche Verletzungen zu.

Montag, 25. März – 3 Uhr – Familienvater ruft Cousin an und stirbt in Flammen
Familienvater Kuncho Z. (29) starb in den Flammen mit seiner Frau Katia Z. (28) und seinen beiden Kindern Galia (2) und Emily (3 Monate) in der Dachgeschosswohnung. Ihre Leichen wurden teilweise erst stunden nach dem Brand in den Trümmern der Wohnung gefunden. Ein Leichenspürhund unterstützte später die Einsatzkräfte bei der Suche.

Während die Feuerwehr schon vor Ort war und die ersten Menschenleben retten konnte, griff der Familienvater in seiner Dachgeschosswohnung vermutlich in Verzweiflung nach seinem Telefon. Er rief seinen Cousin an und sagte ihm am Telefon: „Wir brennen, wir brennen“, dann war das Gespräch beendet, ein Rückruf erfolgte direkt danach, aber ohne Erfolg. Vermutlich war der Familienvater da bereits bewusstlos und verstarb kurz danach.

Angehörige der toten Familie tragen Fotos der getöteten Familie bei einem Trauerzug

Rückblick Sonntagabend 24. März – Der letzte Abend und das Angebot
Die Familie aus der Dachgeschosswohnung des Brandhauses, war bei ihren verwandten in Gelsenkirchen. Verbringen den Abend zusammen, Essen und Spielen. Wenige Wochen vorher ist die Familie erst nach Solingen gezogen. In einem mehr als 100 Jahre altem Wohnhaus an der Grünewalder Straße haben Sie eine Wohnung gefunden. Das Wohnhaus ist ziemlich in die Jahre gekommen, im Inneren wurde fast alles mit Holz verbaut.

Maria, die Cousine von Kuncho dem getötetem Familienvater erklärte gegenüber der „Bild am Sonntag“, dass Sie die Gastgeberin an dem Sonntagabend war. Sie hatte der Familie sogar angeboten, dass Sie bei ihr in Gelsenkirchen übernachten können. Doch die Eltern lehnten das Angebot ab und fuhren zur späten Stunde zurück nach Solingen. Die Kinder sollen zu Hause in ihren Betten schlafen und Kuncho, der Familienvater hatte gerade einen neuen Job als Paketbote gefunden, am Montagmorgen (Tag des Feuers) sollte sein erster Arbeitstag beginnen. Das ein paar Stunden später in dem Haus ein Brand gelegt wird und die komplette Familie verstirbt, wusste da noch niemand. Auch der Geburtstag der ältesten Tochter stand quasi vor der Tür. Am 14. April wäre Galia 3-Jahre alt geworden.

Montag, 25. März – Zahlreiche verletzte und Einsatzkräfte aus anderen Städten
Durch den Brand sind neben den vier Toten weitere 9 Anwohner schwer oder mittelschwer verletzt worden, weitere 12 Anwohner wurden leicht verletzt. Mehrere Notfallseelsorger waren im Einsatz um die betroffenen Anwohner und Familien zu betreuen. Aufgrund des Stichworts „Massenanfall von verletzten“ wurde der Rettungsdienst aus Solingen von zahlreichen Kräften einer MANV-Komponente aus Wuppertal unterstützt. Auch der leitende Notarzt für das Bergische Städtedreieck wurde hinzugezogen und befand sich mehrere Stunden vor Ort im Einsatz.

Für die Führungskräfte und zur besseren Koordinierung des Einsatzes wurde der ELW2 „Einsatzleitwagen 2“ der Feuerwehr Remscheid nach Solingen alarmiert. Auch ein TM „Teleskopmast“ aus der Nachbarstadt Haan wurde angefordert, um die Feuerwehr zu unterstützen.

Die Anteilnahme ist riesig: Blumen und Stofftiere liegen vor dem Brandhaus
Die Anteilnahme ist riesig: Blumen und Stofftiere liegen vor dem Brandhaus

Dienstag, 26. März – Ermittler finden Rückstände von Brandbeschleuniger
Einen Tag nach dem Brand waren Brandermittler der Kriminalpolizei im Brandhaus. Mithilfe einer Drehleiter der Feuerwehr konnten sich die Ermittler einen ersten Blick von oben verschaffen. Die Brandursache bislang unklar, doch dann wurden die Ermittler im Treppenhaus fündig! Reste eines Brandbeschleunigers konnten im Treppenhaus festgestellt werden. Das Todes-Feuer war somit kein Zufallen, sondern Mord!

Da das Treppenhaus komplett aus Holz gebaut wurde, entstand kurz nach der Brandstiftung ein sogenannter Kamineffekt. Ein Sprecher der Feuerwehr erklärt, wie das Feuer so schnell ausbrechen konnte: „Es entstehen brennbare Gase in dem Treppenhaus, die können sich ab einer bestimmten Konzentration selbst entzünden.“ Da es sich um ein Wohnhaus handelte, sammelten sich die Gase unter der Decke im Dachgeschoss. Diese entzündeten sich aufgrund der Konzentration im Dachgeschoss und somit breitete sich das Feuer von unten und von oben auf das gesamte Haus aus. Der Einsatzleiter erklärte weiter, dass es maximal 5 Minuten gedauert haben könnte, dann hat das ganze Treppenhaus gebrannt und das Feuer konnte sich auf die Wohnungen ausbreiten.

Mittwoch, 27. März – Staatsanwaltschaft teilt Ermittlungsstand mit
Bei einem kurzfristig angesetztem Pressetermin erklärte der leitende Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt erstmals offiziell, dass Reste eines Brandbeschleunigers im Treppenhaus gefunden wurde, weitere Angaben dazu machte er allerdings nicht. Es wird seit dem unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes ermittelt. Eine eingerichtete Mordkommission (MK Grün) ermittelt ergebnisoffen. Die traurige Realität dieses Vorfalls wurde auch durch die Auffindesituation der Opfer bestätigt. Rauchmelder waren installiert und haben funktioniert. Die Familie aus der Dachgeschosswohnung befand sich in einer verzweifelten Fluchtsituation, jedoch war der Fluchtweg bereits durch die Flammen versperrt.

Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt beim Pressestatement in Wuppertal
Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt beim Pressestatement in Wuppertal

Mittwoch, 27. März circa 20:30 Uhr – Polizei stürmt Wohnung in Solingen
Vermutlich noch während der laufenden Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft wurde ein 21-Jähriger mutmaßlicher Tatverdächtiger ermittelt. Noch am selben Abend stürmte eine spezielle Einheit der Polizei Wuppertal eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus am Rande der Innenstadt von Solingen. Der Tatverdächtige 21-jährige junge Mann befand sich aber nicht in der Wohnung. Da sich Familienmitglieder des Tatverdächtigen in der Wohnung befanden, wurde schnell klar, dass er sich bei seiner Freundin befindet. Für die Ermittler kam eine brisante Information dazu: Denn die Freundin wohnt nicht weit von dem Brandhaus der an Grünewalder Straße entfernt. Es erfolgte demnach ein weiterer Polizeieinsatz an der Wohnadresse der Freundin, dort konnte der 21-Jährige vorläufig festgenommen werden.

Zeitgleich wurde das Zimmer des Tatverdächtigen an seiner Wohnanschrift durchsucht, Handys und Speicher-Sticks wurden sichergestellt. Nach der vorläufigen Festnahme wurde der 21-Jährige nach Wuppertal zum Polizeipräsidium gebracht und noch von Ermittlern befragt. Am Donnerstag erfolgte eine weitere Befragung in Anwesenheit des leitenden Staatsanwalts. Der 21-jährige Tatverdächtige verstrickte sich nach Angaben aus Ermittlerkreisen in seinen Aussagen und wurde am Donnerstag dann als Beschuldigter eingestuft. Doch dann offenbarte er ein Alibi, zur Tatzeit soll sich der 21-Jährige bei seiner Freundin befunden haben, dass könne die Freundin und ihre Mutter auch bestätigen. So wurde das Alibi durch die Ermittler geprüft und tatsächlich sprach es für den jungen Mann. Am Freitagmorgen wurde er aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Auch wenn es für einen Haftbefehl nicht reicht, haben die Ermittler den 21-Jährigen weiterhin auf dem Schirm.

Ermittlungen in alle Richtungen – Tat möglicherweise unter Kleinkriminellen
Wie der leitende Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt erklärt, ermittelt die eingesetzte Mordkommission in alle Richtungen. Für ein ausländerfeindliches Motiv gibt es derzeit keine Hinweise, ausschließen kann man es allerdings nicht. Vielmehr gehen die Ermittler von einer Tat im „zwischenmenschlichen Bereich“ aus. So gehen die Ermittler von einem Streit unter Kleinkriminellen aus, der eskaliert ist. In dem Brandhaus soll es oft Streit gegeben haben, lautstark stritten sich immer Leute. Viele Hinweise dazu gingen auch nach dem tödlichen Brand bei der Polizei ein. Auch Überwachungskameras aus den umliegenden Geschäften wurde durch die Ermittler schon gesichtet.

Es brannte im Treppenhaus: Die Grünewalder Straße beim Feuer im November 2022

Brand aus 2022 bislang nicht aufgeklärt
Am 9. November 2022 kam es schon einmal zu einem Feuer in dem Brandhaus, damals mussten mehrere Anwohner aus dem Haus über eine Drehleiter gerettet werden. Im Treppenhaus brannte ein Holzverschlag zwischen den Kellerräumen und dem Treppenhaus. Insgesamt wurden 7 Personen über Drehleitern gerettet. 11 Bewohner wurden vom Rettungsdienst gesichtet, 9 von Ihnen mussten zur weiteren Abklärung ins Krankenhaus.

Zeugenhinweise
Die Polizei bittet um mögliche Zeugenhinweise über die folgende Nummer (0202) 28 411 22.

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