Die Erinnerungen an eine brutale Gruppenvergewaltigung, mutmaßlich begangen von fünf Jugendlichen damals im Alter zwischen 15 und 17 Jahren an einem zu der Zeit 16-jährigen Mädchen, hallen ein Jahr nach der Tat wider.
Der Fall, der sich sowohl in einer Kleingartenanlage als auch in der Wohnung zweier Brüder ereignete, wirft nicht nur aufgrund seiner Grausamkeit Fragen auf, sondern auch bezüglich der Zeit, die die Polizei benötigte, um einzugreifen. Die Durchsuchungen in Solingen, bei der vier Wohnungen der mutmaßlichen Täter durchsucht wurden, erfolgte erst am Dienstag – zwölf Monate nach der Anzeige und der Sicherstellung des Handys eines der Verdächtigen.
Tatort: Kleingartenanlage und Wohnung
Die Polizei berichtet, dass die Tat sich den Vorwürfen nach anfangs mit nur einem Beteiligten in einer Kleingartenanlage und später in der Wohnung zweier Brüder an der Hasselstraße abgespielt haben soll, wo die Gruppe sich gemeinschaftlich an der Jugendlichen vergangen haben soll. Die Geschädigte hätte am Tag der Tat eigentlich bei einem Praktikum erscheinen sollen, zu dem sie aber nicht erschienen sei. Die Jugendliche und mindestens ein Mitglied der Gruppe sollen sich flüchtig gekannt haben.
Täter drohten offenbar mit Veröffentlichung des Videos
Das Opfer schwieg aus Scham und Angst monatelang. Laut Polizei wurde dem Mädchen von den Tätern mit der Veröffentlichung des Vergewaltigungsvideos gedroht. Erst im Mai 2023 offenbarte sich das Mädchen ihrer Mutter, die daraufhin die Gruppenvergewaltigung bei der Polizei zur Anzeige brachte.
Die Polizei unternahm laut eigenen Angaben nur wenige Tage nach der Anzeige eine erste Durchsuchung, bei der Datenträger und das Handy eines damals 17-Jährigen beschlagnahmt wurden. Ein Video, das die Vergewaltigung zeigt, wurde jedoch nicht gefunden. Ob ein solcher Film existiert, ist Gegenstand der Ermittlungen.
Vergewaltigungen nicht die höchste Priorität
Die Auswertung des Handys zog sich bis zum Jahresende hin, wie Wolf-Tilman Baumert, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wuppertal, erklärte. In dieser Zeit liefen die Ermittlungen gegen den Jugendlichen wegen Vergewaltigung weiter.
Auf die Frage nach der Dauer der Handyauswertung antwortete der Oberstaatsanwalt, dass ein halbes Jahr für eine solche Auswertung nicht ungewöhnlich sei und von der Priorisierung bei der Polizei abhänge. Mordermittlungen hätten dabei die höchste Priorität, Vergewaltigungsfälle eine gesteigerte, aber nicht die höchste.
Beschuldigte schrieben untereinander über Vergewaltigung
Schließlich ergaben sich durch die Auswertung des Handys neue Erkenntnisse. Die Ermittler erlangten Zugang zu den Chat-Verläufen der anderen vier mutmaßlichen Tatverdächtigen, die heute zwischen 16 und 18 Jahre alt sind. So sollen Sie sich in den Chats über die Vergewaltigung unterhalten haben. Zudem zeigte ein Foto die Verdächtigen bei Schießübungen, was die Ermittlungen ausweitete. Die Polizei erwirkte schließlich im Januar 2024 Durchsuchungsbeschlüsse von der Staatsanwaltschaft.
Foto bei Schießübungen – Einsatz mit Spezialeinheiten
Trotzdem vergingen weitere vier Monate, bis die Durchsuchungen tatsächlich stattfanden. Dies sei laut Oberstaatsanwalt Baumert auf die Planung durch die Polizei zurückzuführen. Aufgrund möglicher Waffen seien Spezialeinsatzkräfte und mehr Beamte erforderlich gewesen, was mehr Planungszeit in Anspruch nahm.
Endlich der Zugriff
Am Dienstagmorgen um Punkt 6 Uhr schlugen die Einsatzkräfte dann endlich zu. Mehrere Zivile Transporter fuhren in die Hasselstraße ein, schwerbewaffnete Einsatzkräfte einer Spezialeinheit versammeln sich vor drei Wohnhäusern, zeitgleich das selbe Szenario an der Katternberger Straße an einem weiterem Wohnhaus. Eine Anwohnerin der Hasselstraße berichtete vor Ort, dass Sie um 6 Uhr laute Geräusche gehört hat, die Türen der Tatverdächtigen wurden auf gerammt.
Polizei stellt Waffen und Datenträger sicher
In den Wohnungen wurden von den Beamten Datenträger, Waffen sowie waffenähnliche Gegenstände wie Schlagstöcke und Messer sichergestellt. Darunter befand sich auch eine Luftgewehr, für das keine erforderliche Erlaubnis vorlag. Aktuell liegt gegen die fünf Beschuldigten kein Haftbefehl vor, und sie befinden sich alle auf freiem Fuß. Obwohl die Jugendlichen offiziell als Beschuldigte in dem Verfahren gelten, besteht laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft kein dringender Tatverdacht mit einer weit überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit. Die Beschuldigten haben sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert und machen von ihrem Schweigerecht Gebrauch.
Informationen zu den Beschuldigten blieben aus
Zur Nationalität und den Vorstrafen konnte man am Dienstag seitens der Staatsanwaltschaft keine genauen Angaben machen. Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft: „Zu den Vorstrafen liegen mir derzeit keine Informationen vor. Auch zur Nationalität kann ich derzeit keine Angaben machen, wir haben auf jeden Fall einen Jugendlichen mit einem deutschen Pass.“ – Entschuldigt wurde diese Aussage, da diese Informationen nicht in der Akte stehen und der leitende Staatsanwalt dazu keine Informationen hinterlegt hatte. Aus Ermittlerkreisen konnten wir allerdings erfahren, dass es sich bei den Namen der Beschuldigten nicht um deutsche Namen handelt.
Die Ermittlungen in dem Fall dauern weiter an. Die Verzögerungen werfen jedoch wichtige Fragen auf, insbesondere ob die Verfahrensabläufe und die Ressourcenallokation bei der Polizei angemessen sind, um Opfern von schweren Verbrechen wie Vergewaltigungen schnelle und effektive Gerechtigkeit zu gewährleisten.