Am Mittwoch begann vor dem Landgericht Wuppertal der Prozess gegen Calvin S. (20) und Hendrik V. (20), zwei ehemalige Mitglieder der berüchtigten Jugendbande «Gucci-Gang» aus Wuppertal.
Die Anklage wirft den beiden Angeklagten vor, minderjährige Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren zur Prostitution vermittelt zu haben. Die Öffentlichkeit wurde aus erzieherischen Gründen von dem Verfahren ausgeschlossen, um eine umfassende Aufklärung der Vorwürfe zu gewährleisten. Laut Gerichtssprecherin Dr. Helena Salamon-Limberg sei dies notwendig, um einen ungehinderten Austausch mit den Angeklagten zu ermöglichen, die während der Tat teilweise noch minderjährig waren.
Parallel steht auch Radostina V. (50), die Mutter des «Gucci-Gang»-Anführers Hendrik V., vor Gericht. Sie soll nicht nur von den Taten ihres Sohnes gewusst haben, sondern aktiv an der Organisation der Prostitution beteiligt gewesen sein. Besonders erschütternd: Unter den Opfern soll sich auch ihre eigene Tochter, damals 15 Jahre alt, befunden haben.
Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger
Die Anklage gegen Calvin S. und Hendrik V. umfasst eine Vielzahl schwerer Straftaten. Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, zwischen August 2022 und Januar 2023 fünf minderjährige Mädchen zur Prostitution gezwungen zu haben. Zunächst sollen die Mädchen freiwillig aus finanziellen Nöten heraus gehandelt haben. Doch als sie aussteigen wollten, setzten die Angeklagten sie massiv unter Druck. Die Einnahmen, die in die Tausende gingen, sollen fast vollständig bei den Tätern verblieben sein, während die Mädchen lediglich kleine Beträge – gerade einmal Taschengeld – erhielten.
Die Angeklagten sollen die Mädchen gezielt über Internetplattformen an Freier vermittelt haben. Die Treffen fanden in Hotels oder Wohnungen statt, die von den Tätern organisiert wurden. Laut Zeugenaussagen wurden die Opfer mit Drohungen, Messern und weiteren Waffen dazu gezwungen, weiterhin sexuelle Dienstleistungen anzubieten.
Eine Vergangenheit voller Gewalt
Die beiden Angeklagten sind keine Unbekannten. Bereits 2019 gerieten sie in die Schlagzeilen, als sie im Alter von 14 Jahren den Wuppertaler Rentner Ali P. (74) brutal zusammenschlugen, sodass dieser später an den Folgen starb. Für diese Tat wurden beide zu jeweils zwei Jahren und vier Monaten Jugendhaft verurteilt. Hendrik V. und Calvin S. hatten zu diesem Zeitpunkt bereits lange Jugendstrafakten: Der eine wies über 160 Einträge auf, der andere rund 60.
Auch andere Delikte wie ein Auto-Raub führten zu weiteren Verurteilungen. Die «Gucci-Gang», der die beiden damals angehörten, war eine Jugendbande mit etwa 15 Mitgliedern. Sie benannte sich nach einem Songtitel des US-Rappers Lil Pump, der für verschwenderischen Reichtum steht. Die Gruppe galt als berüchtigt für ihre kriminellen Aktivitäten, darunter Gewalt, Drogenhandel und Diebstahl.
Die Rolle der Mutter: Radostina V. unter Verdacht der Unterstützung
Radostina V., die 50-jährige Mutter von Hendrik V., wird vorgeworfen, ihren Sohn aktiv bei der Zwangsprostitution minderjähriger Mädchen unterstützt zu haben. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt sie, ihre Wohnung für Treffen zwischen Freiern und den Mädchen zur Verfügung gestellt und die Opfer zu den Treffpunkten gefahren zu haben. Für ihre Hilfe soll sie finanziell an den Einnahmen beteiligt worden sein.
Erschütternd ist der Vorwurf, dass Radostina V. auch ihre eigene Tochter, damals erst 15 Jahre alt, in die Prostitution gedrängt haben soll. Laut Anklage habe sie nicht nur von den Handlungen ihrer Tochter gewusst, sondern sie sogar aktiv dabei unterstützt. In einer schriftlichen Stellungnahme, die ihr Verteidiger vor Gericht verlas, wies Radostina V. jedoch alle Vorwürfe von sich: «Das ist ein übler Versuch, mich als schreckliche Mutter darzustellen.»
Aussagen der Opfer und emotionaler Verhandlungsauftakt
Am ersten Verhandlungstag sagten drei mutmaßliche Opfer vor Gericht aus. Die Mädchen, die damals zwischen 14 und 16 Jahren alt waren, berichteten von massivem Druck und Gewalt. Einige konnten sich an Details nicht mehr erinnern, was die Ermittlungen zusätzlich erschwert.
Weitere Entwicklungen und Ausblick
Der Prozess gegen Calvin S. und Hendrik V. ist auf fünf Verhandlungstage angesetzt, das Urteil wird für den 18. Juni erwartet. Sollten die Vorwürfe bestätigt werden, drohen den Angeklagten mehrjährige Haftstrafen. Parallel läuft aktuell ein weiterer Prozess, in dem es um Prostitution ganz junger Mädchen durch einen 20-Jährigen geht. Mit dem soll Hendrik V. laut Staatsanwaltschaft die jungen Prostituierten ausgetauscht haben.